Welche Arbeitszeitmodelle gibt es?

24.05.23

Guido Zander

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Es gibt eine Fülle von Arbeitszeitmodellen, von denen die wichtigsten nachfolgende kurz beschrieben werden:

Gleitzeit

Eine Gleitzeit ist definiert durch eine Rahmenarbeitszeit (Zeitraum, in dem der Mitarbeiter arbeiten darf), Kernzeit (Zeitraum, in dem Anwesenheitspflicht besteht) und Normalarbeitszeit (normaler Arbeitszeitbeginn, normales Arbeitszeitende). Der Mitarbeiter darf innerhalb des Gleitrahmens (Beginn Rahmenzeit bis Beginn Kernzeit bzw. Ende Kernzeit bis Ende Rahmenzeit) selbst bestimmen, wann er mit der Arbeit anfängt bzw. aufhört. Bei abweichender Länge der Arbeitszeit zur täglichen Sollarbeitszeit wird die Differenz jeweils auf einem Gleitzeitkonto geführt. Zunehmend wird in Gleitzeitsystemen auf eine starre Kernzeit verzichtet und statt dessen z.B. auf Abteilungsebene eine Servicezeit definiert, also ein Zeitraum, innerhalb dessen die Abteilung ansprechbar und arbeitsfähig sein muss, ohne dass jeder einzelne Mitarbeiter in diesem Zeitraum anwesend sein müsste.

Teilzeit

Jede Arbeitszeit, deren wöchentlicher Umfang unter dem der Vollzeit liegt, ist als Teilzeit zu werten. Teilzeit kann sehr viele unterschiedliche Ausprägungen haben:

  • Fünf Tage pro Woche mit reduzierter täglicher Sollarbeitszeit
  • Volle tägliche Sollarbeitszeit mit reduzierter Anzahl von Arbeitstagen pro Woche
  • Reduzierte tägliche Sollarbeitszeit und gleichzeitig reduzierte Anzahl von Arbeitstagen pro Woche
  • Blockteilzeit: Längere Freizeitblöcke während eines Jahres, dafür aber Vollzeit im restlichen Teil des Jahres

Arbeitszeitkonto, Ampelkonto

Weicht die tatsächliche Arbeitszeit von der geplanten Sollzeit ab, kann die Differenz auf ein Zeitkonto gebucht werden. Die Einführung eines Arbeitszeitkontos war ein wesentlicher Schritt zur Verstetigung des Monatseinkommens, da bis zu diesem Zeitpunkt in der Regel immer die gearbeiteten Stunden ausbezahlt wurden, was von Monat zu Monat stark variieren konnte.

Es gibt unterschiedlichste Arbeitszeitkonten (Gleitzeit, Jahresarbeitszeit, Langzeitkonto…). Für jedes Zeitkonto muss ein Ausgleichszeitraum definiert werden, d.h. der Zeitraum innerhalb dessen der Kontenstand ausgeglichen sein muss, bei einem Jahresarbeitszeitkonto z.B. einmal innerhalb von 12 Monaten. Außerdem muss festgelegt werden, ob und wie zu bestimmten Zeitpunkten Kontenabschlussregeln greifen. Soll z.B. ein Gleitzeitsaldo am Ende einer Woche, eines Monats weitergeführt werden oder sollen die Stunden oberhalb oder unterhalb eines Schwellwertes verfallen oder umgebucht werden?

Immer öfter werden für Zeitkonten Ampelregelungen eingeführt. Solange ein Konto z.B. im grünen Bereich ist, wird es weitergeführt, wenn es im gelben Bereich ist, werden Maßnahmen definiert, die das Konto wieder in den grünen Bereich zurückführen und im roten Bereich müssen unmittelbare Konsequenzen erfolgen.

Lebensarbeitszeitkonto

Lebensarbeitszeitsysteme basieren auf einem sogenannten Zeitwertkonto. Auf dieses Zeitwertkonto können sowohl Arbeitszeiten als auch Entgeltbestandteile (z.B. Teile des Monatsgehalts oder Einmalzahlungen) einbezahlt werden. Ein Zeitwertkonto wird in Geld geführt und kann für unterschiedlichste Zwecke verwendet werden. So kann man z.B. Elternzeiten über das gesetzlich finanzierte Maßhinaus verlängern und einen Teil oder die gesamte Gehaltseinbuße durch das Zeitwertkonto ausgleichen. Andere Verwendungsmöglichkeiten sind  Vorruhestandsregelungen, bei welchen in den Jahren vor dem Renteneintritt sukzessive die Arbeitszeit reduziert wird, oder Sabbaticals. Der Entgeltausgleich aus dem Zeitwertkonto sorgt dafür, dass in diesen Zeiten auch weiterhin ungekürzte Rentenansprüche entstehen und die Mitarbeiter sozialversichert bleiben.

Jahresarbeitszeit

Eine Jahresarbeitszeit ermöglicht es, die Arbeitszeit innerhalb eines Jahres z.B. je nach Saison unterschiedlich zu gestalten. In Hochlastphasen liegt die Arbeitszeit dann über der durchschnittlichen Sollarbeitszeit, in Niedriglastphasen darunter. Im Laufe eines Jahres sollen sich diese Differenzen ausgleichen, was durch Zubuchung zu bzw. Entnahme von einem Jahresarbeitszeitkonto nachvollzogen wird.

Schichtarbeit

Schichtarbeit wird nach wie vor überwiegend über rollierende Schichtzyklen abgebildet, in denen sich Früh-, Spät- und ggf. auch Nachtschichten in einem bestimmten Rhythmus abwechseln. Diese Systeme sind in der Regel nicht sehr flexibel und werden bei hohem Flexibilitätsbedarf durch flexiblere Schichtsysteme in Verbindung mit einer bedarfsorientierten Personaleinsatzplanung abgelöst.

Mitarbeiter auf Abruf, KAPOVAZ

Für Mitarbeiter auf Abruf ist ein Stundenkontigent innerhalb einer bestimmten Zeitspanne (z.B. Monat) festgelegt, das je nach Arbeitsanfall durch den Arbeitgeber flexibel abgerufen werden kann. Solche Abruf-Modelle sind im Teilzeit- und Befristungsgesetz geregelt, das u.a. vorsieht, dass der Abruf der Arbeit mindestens 4 Tage vor dem Einsatz angekündigt werden muss. Außerdem ist das vereinbarte Stundenkontingent in jedem Fall zu vergüten, auch wenn die Arbeitsleistung nicht abgerufen wurde. KAPOVAZ (kapazitätsorientierte variable Arbeitszeit) ist eine andere Bezeichnung für bedarfsorientierte Abrufarbeit. Hierbei handelt es sich um einen vor allem in politischen Diskussionen verwendeten Begriff, ohne eindeutige Definition des damit beschriebenen Arbeitszeitmodells. Aufgrund der Vorgaben des Teilzeit- und Befristungsgesetzes sind KAPOVAZ-Modelle im engeren Sinne in Deutschland nur in Form der dort regelementierten Arbeit auf Abruf möglich.

Job-Sharing

Beim Job-Sharing teilen sich zwei Mitarbeiter einen Vollzeitarbeitsplatz und regeln in Absprache untereinander die Details ihrer Arbeitszeiten.

Vertrauensarbeitszeit

Kern der Vertrauensarbeitszeit ist, dass der Mitarbeiter seine Arbeitszeit gemäß dem Arbeitsanfall selbst einteilt. Seitens des Arbeitgebers erfolgt keine systematische Kontrolle und Dokumentation der Arbeitszeit. Dadurch können die Mitarbeiter Länge und Lage der eigenen Arbeitszeit weitgehend selbst steuern. Im Gegenzug muss der Mitarbeiter das Vertrauen haben, dass die Arbeitsbelastung durch den Arbeitgeber so gesteuert wird, dass diese mit der vereinbarten Arbeitszeit auch zu bewältigen ist. Eine Gefahr besteht darin, dass Vertrauensabeitszeitsysteme etabliert werden, um anfallende Mehrarbeit nicht bezahlen zu müssen. In Verbindung mit der Einführung einer Vertrauensarbeitszeit ist deshalb das Instrument eines Überlastgesprächs wichtig, das ein Mitarbeiter einfordern kann, wenn aus seiner Sicht die geforderten Arbeitsleistungen in der vertraglichen Arbeitszeit nicht erbracht werden können.Vertrauensarbeitszeit bietet sich in erster Linie für solche Tätigkeiten an, in denen die Mitarbeiter die Arbeitsinhalte und Vorgehensweisen ebenfalls in hohem Maße eigenständig mitgestalten.

Bei Vertrauensarbeitszeit wird häufig davon ausgegangen, dass keine Arbeitszeiten erfasst werden müssen. Aber auch das Vertrauensarbeitszeitmodell unterliegt dem Arbeitszeitgesetz, so dass zumindest jede Überschreitung von acht Arbeitsstunden pro Tag erfasst werden muss. Der Unterschied ist, dass dies in der Regel nicht an einem Zeiterfassungsterminal passiert, sondern in Form einer Aufzeichnung durch den Arbeitnehmer selbst. Durch das Urteil des EuGH im Jahr 2020 zur Frage einer verpflichtenden Aufzeichnung von Arbeitszeiten ist zu erwarten, dass auch in Vertrauensarbeistzeitmodellen zukünftig eine vollständige Aufzeichnung der Arbeitszeiten geleistet werden muss. Offen ist noch, in welcher Form und Detaillierung dies geschehen muss, da das Urteil bisher noch nicht in nationales Recht umgesetzt ist.

Homeoffice, Telearbeit, Mobile Work

Homeoffice oder Telearbeit sind im engeren Sinne keine eigenständigen Arbeitszeitmodelle. Gemeint ist hiermit die Möglichkeit, die Arbeit in einem definierten oder auch vom Mitarbeiter frei gestaltbaren Umfang außerhalb der betrieblichen Arbietsstätte, also in der eigenen Wohnung oder ggf. auch an anderen Orten verrichten zu dürfen. Häufig geht dies mit einer relativ freien Zeiteinteilung für den Mitarbeiter einher, was dann z.B. die Kombination von Erziehungstätigkeit und Erwerbsarbeit erleichtert. Von Homeoffice oder eher veraltet Telearbeit spricht man eher, wenn die Arbeit hauptsächlich von zu Hause durchgeführt wird und ein entsprechender Arbeitsplatz existiert, der den gängigen Arbeits- und Datenschutzbestimmungen entspricht. Mobile Work bezeichnet die Möglichkeit von überall arbeiten zu können, also nicht nur von zu Hause. Das Büro ist dabei aber immer noch der Hauptarbeitsplatz.

Fleximodelle

Konzept der SSZ Beratung, wonach Mitarbeiter zwischen unterschiedlichen Arbeitszeiten mit unterschiedlichen Flexibilitätsanforderungen wählen können. Für jedes einzelne Flexibilitätsmodell sind der jeweilige Flexibilitätsbedarf und mögliche Anreize zur Honorierung der gelieferten Flexibilität definiert.

4-Tage-Woche

Folgende Ausprägungen gibt es:

  • 100-80-100 Modell:  80 % Arbeitszeit bei 100 % Output und 100 % Lohn. D.h. es geht um eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich, bei dem angestrebt wird, dass in weniger Arbeitszeit der gleiche Output erzeugt wird.
  • 100-100-100 Modell: 100 % der Arbeitszeit wird von fünf auf vier Tage umverteilt, wobei ebenfalls angestrebt wird, den gleichen Output zu schaffen. Die tägliche Arbeitszeit verlängert sich auf bis zu 10 Stunden pro Tag.
  • 80-80-80 Modell: Die Arbeitszeit und der Lohn wird auf 80 % gekürzt, auch der Output darf entsprechend sinken. Sie haben es bereits erkannt, das ist nicht wirklich neu und ist bislang unter dem Namen Teilzeit bekannt.

Darüber hinaus gibt es diverse Mischformen zwischen den ersten beiden Modellen.
Leider wird mittlerweile fast jede Form der Arbeitszeitverkürzung als 4-Tage-Woche bezeichnet, was aber defacto falsch ist. Eine 4-Tage-Woche kann unter bestimmten Voraussetzungen in den unterschiedlichen Ausprägungen gut funktionieren, ein Wundermittel, das überall funktioniert, ist es aber nicht.

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