Bedarfsorientierte Personaleinsatzplanung — Was ist das eigentlich und wofür benötigt man das?

24.05.23
Der Flexible wird den Starren überholen
In der Vergangenheit standen die Skaleneffekte im Vordergrund, d.h. der Große hat über den Kleinen gesiegt. Heute gewinnt der Schnellere und morgen wird der Flexible den Starren überholen.
Thema Arbeitszeit derzeit allgegenwärtig
Deshalb werden Arbeitszeitflexibilisierung, Abbau von Überstunden, Arbeitszeitverlängerung usw. heute in der Öffentlichkeit so stark diskutiert. Dies alles hat in der Regel nur ein Ziel: Senkung der Personalkosten bzw. Erhöhung der Produktivität und damit Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit. Jedes der Themen wird als Patentrezept verkauft, um die derzeitigen Probleme am Standort Deutschland zu lösen.
Es gibt keine Patentrezepte
Jedes dieser Themen hat seine Berechtigung, kann aber im jeweiligen betrieblichen Kontext wirkungslos bleiben. Was nutzen noch flexiblere Arbeitszeiten, wenn es an Steuerungsverfahren fehlt, diese auch wirklich bedarfsgerecht einzusetzen? Wem nutzen längere Arbeitszeiten, wenn die verfügbare Kapazität an Arbeitsstunden gar nicht den Engpass darstellt und die schon heute verfügbaren Arbeitsstunden nicht effektiv genutzt werden? Gerade die Debatte um längere Arbeitszeiten führt vollkommen in die Irre, da dies sogar bedeuten kann, dass die Flexibilität der Unternehmen abnimmt, weil die Möglichkeiten zur bedarfsorientierten Anpassung der Arbeitszeiten nach oben (in bedarfsstarken Zeiten) noch geringer werden.
Letztendlich geht es darum, dass ein Unternehmen bei schwankender Auftragslage die Kapazitäten flexibel anpassen kann, d.h. bei viel Arbeit viele Kapazitätsstunden zur Verfügung hat und bei wenig Auslastung entsprechend weniger (siehe Abb. 1).
Um dieses Ergebnis zu erzielen gibt es einen einheitlichen Grundansatz, der im folgenden beschrieben wird. Die spezifischen Ausprägungen dieses Ansatzes, also die individuellen Lösungen sehen aber in der Regel für jede Branche und sogar bei verschiedenen Organisationen innerhalb einer Branche völlig anders aus. Die individuelle Lösung des Problems hängt ab vom Produktionsprozess, der Unternehmenskultur, dem Verhältnis zwischen Unternehmensleitung und Mitbestimmung, dem Grad der bereits vorhandenen Flexibilisierung etc.
Der Prozess des bedarfsorientierten Personaleinsatzes
Der bedarfsorientierte Personaleinsatz ist ein Prozess, der aus vier Teilschritten besteht (siehe Abb. 2):
1. Ermittlung des Personalbedarfs
2. Gestaltung von Arbeitszeitmodellen, die den ermittelten Bedarf decken
3. Arbeitszeitmanagement
4. Personaleinsatzplanung
Nur wenn alle diese einzelnen Schritte sinnvoll gestaltet sind, kann am Ende ein optimaler Einsatzplan entstehen.
1. Personalbedarfsermittlung
Bei der Personalbedarfsermittlung geht es darum, ein verlässliches System aufzubauen, das es erlaubt Auftragseingänge bzw. Sollbedarfe je benötigter Qualifikation zu prognostizieren und aus so genannten Bedarfstreibern (z.B. Anzahl Aufträge, Kundenfrequenzen, Tonnage etc.) benötigte Kapazitätsstunden für verschiedene Zeithorizonte (kurz–, mittel– und langfristig) zu ermitteln. Hierfür muss es einen stabilen, von Einzelpersonen unabhängigen und immer wieder kurzfristig reproduzierbaren Prozess geben, um auf Dauer qualitativ hochwertige Sollbedarfe ermitteln zu können.
Die Bedarfsermittlung ist in dem gesamten Prozess der am stärksten von Branchen– und Betriebsspezifika abhängige Schritt.
In vielen Unternehmen hängen Teile oder sogar die gesamte Bedarfsermittlung von den Erfahrungswerten eines oder weniger hoch qualifizierter Mitarbeiter ab, die aus jahrelanger Erfahrung Sollbedarfe in der Regel mit guter Qualität ermitteln können. Das Problem dabei ist jedoch, dass dieses Wissen nur in diesen Köpfen existiert und qualitativ gleichwertige Vertretungen bei Ausfall oder bei Ausscheiden der Mitarbeiter faktisch nicht möglich sind. Darüber hinaus fehlt die Möglichkeit zu einer kontinuierlichen Verbesserung der Bedarfsermittlung, wenn das Verfahren nicht dokumentiert oder reproduzierbar ist. Falsch prognostizierte bzw. ermittelte Sollbedarfe führen zwangsläufig zu nicht optimalen und damit teuren Einsatzplänen.
2. Arbeitszeitmodellgestaltung
In der Arbeitszeitmodellgestaltung geht es nun darum, Arbeitszeitmodelle zu entwickeln, die es ermöglichen, die zum ermittelten Bedarf passenden Kapazitätsstunden bereit zu stellen.
Auf Bedarfsschwankungen kann dabei auf vielfältige Weise reagiert werden. Am bekanntesten sind die verschiedenen Arten von Zeitkontenmodellen, die vor allem mit der Jahresarbeitszeit bereits eine große Verbreitung gefunden haben. Hierbei ist es möglich, innerhalb gewisser Korridore Zeitguthaben bzw. Zeitschulden aufzubauen, um Schwankungen, z.B. innerhalb eines Jahres, auszugleichen. Zusätzlich gibt es eine Vielzahl von Teilzeitmodellen bis hin zu Mitarbeitern auf Abruf, die es ermöglichen, auch größere Bedarfsspitzen abzudecken. Je nach benötigter Qualifikationsstruktur kann ein Teil der benötigten Kapazitäten auch über Zeitarbeitskräfte bereitgestellt werden.
In jedem Fall gilt aber auch hier, dass jedes Unternehmen individuelle Bedarfsprofile hat, sowohl in zeitlicher als auch in quantitativer und qualitativer Hinsicht. Somit benötigt jedes Unternehmen einen individuellen Mix aus Arbeitszeitmodellen, um den jeweiligen Bedarf zu decken. Starre bzw. nicht an den Bedarf angepasste Arbeitszeitmodelle führen immer zu teuren Leerzeiten, vermeidbaren Überstunden oder übermäßigem Einsatz von Fremd– oder Aushilfskräften.
3. Arbeitszeitmanagement
Im Rahmen des Arbeitszeitmanagements werden Zeitkonten geführt, Zuschläge ermittelt und Fehlzeiten verwaltet. Je flexibler die Arbeitszeiten und je vielfältiger die Arbeitszeitmodelle sind, um so mehr Bedeutung bekommt das Arbeitszeitmanagement im Hinblick auf die Steuerung der Abwesenheitszeiten und der Zeitkonten. Über einen Abgleich von Sollplänen und Ist-Arbeitszeiten kann die Qualität der Planung ermittelt werden. Auf diese Weise liefert das Arbeitszeitmanagement die Basisdaten, deren Analyse dann zu einem noch besseren Personaleinsatz führen kann.
Darüber hinaus liefert das Arbeitszeitmanagement wichtige Daten, wie z.B. Zuschläge, Zeitkontenstände und Urlaubsansprüche, die für das Erstellen eines optimierten Einsatzplans wichtig sind.
4. Personaleinsatzplanung
In der Personaleinsatzplanung werden nun gemäß des ermittelten Bedarfs Mitarbeiter zu Schichten (oder allgemein: Arbeitszeiten) und Arbeitsplätzen (ggf. auch Aufträgen) zugeordnet. An dieser Stelle ist es nun wesentlich, dass dem Planer alle relevanten Informationen wie z.B. Bedarfe, Kostensätze der Mitarbeiter, Zeitkonten, Mitarbeiterwünsche etc. vorliegen, so dass möglichst viele Kriterien in der Planung berücksichtigt werden können. Wichtig ist hierbei auch die Definition eines Prozesses, der regelt, woher die Informationen kommen, wer sie bereitstellt, in welcher Art und Weise sie verarbeitet bzw. berücksichtigt werden, wie auf kurzfristige Ausfälle zu reagieren ist usw. Ebenfalls ist zu klären, welche Zielfunktionen bei der Einsatzplanung zu berücksichtigen sind und welche Priorität die verschiedenen zu berücksichtigenden Nebenbedingungen haben. Nur wenn der Prozess klar ist, kann auch gewährleistet werden, dass qualitativ gleichwertige Vertretungen im Planungsprozess stattfinden oder dass innerhalb eines Unternehmens von verschiedenen Planern nach ähnlichen Kriterien geplant wird. An dieser Stelle kann ein softwarebasiertes Planungstool den Planer geeignet unterstützen. Dies liefert jedoch erst dann die erhofften Ergebnisse, wenn vorher alle organisatorischen bzw. Prozessfragen geklärt sind.
Fazit
Nur ein durchgängiger Prozess von der Personalbedarfsermittlung bis hin zur Personaleinsatzplanung schafft den größtmöglichen Nutzen. Dabei sind viele organisatorische Themen bzw. Prozessthemen zu beachten. Die grundlegende Vorgehensweise dazu ist branchenunabhängig, die einzelnen Lösungen sind aber nur individuell für jede Organisation zu finden. Sind diese Themen geklärt bzw. Lösungen
Autor: Guido Zander
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