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Home Office für alle? Nicht jeder ist geeignet…

Home Office ist derzeit in aller Munde und das auch völlig zu Recht. Und mittlerweile kann man mit Posts, die Tipps zum Thema Home Office geben, vermutlich die Schweine füttern. Fakt ist, auch nach der Corona Krise wird das Arbeiten von zu Hause einen ganz anderen Stellenwert haben als vorher.

Im Gegensatz zu den der aktuellen Situation geschuldeten Hau-Ruck Guerilla-Home-Office Aktionen muss das Thema aber nachhaltig und gut geregelt werden.

Nachdem man alle Aspekte zum juristischen Rahmen, den technischen Voraussetzungen etc. bereits an vielen Stellen nachlesen kann (u.a. auch hier in unserem Blog), wollen wir uns heute einem ganz speziellen Thema widmen:

Wie geht man damit um, dass nicht alle Mitarbeitenden für das Arbeiten zu Hause geeignet sind?

Gründe hierfür können z.B. sein:

  • Hohe Ablenkung zu Hause (z.B. durch kleine Kinder) verbunden mit einer hohen Bereitschaft, sich ablenken zu lassen
  • Mangelnde Sozialkontakte führen zu einem Einsamkeitsgefühl und man telefoniert viel mit Kolleg(inn)en anstatt zu arbeiten
  • Mangelnde Fokussierung / Selbstdisziplin führt zu Ablenkung durch z.B. Internet-Surfen, Fernsehen, …

Diese Mitarbeitenden kann man in drei Gruppen einteilen:

  1. Die Mitarbeitenden sind sich dessen bewusst und wollen auch gar kein Home Office
  2. Die Mitarbeitenden sind sich dessen bewusst und wollen aber dennoch ein Home Office, um z.B. Beruf und Familie besser unter einen Hut zu bekomme oder um Fahrtzeiten zu sparen
  3. Den Mitarbeitenden ist dies nicht selbst bewusst und sie wollen gerne im Home Office arbeiten

Die erste Gruppe ist relativ einfach zu handeln: diese Mitarbeitenden machen einfach kein Home Office.

Bei der zweiten Gruppe gibt es einige Ansatzpunkte, wie man damit umgehen kann. Folgende Rahmenbedingungen sind daher zu definieren:

  • Erreichbarkeitszeiten mit definierten Antwortzeiten abstimmen
  • Klare Arbeitsaufträge mit zu erwartenden Aufwänden und Abgabezeitpunkten definieren. Dabei sollten nicht mehrere Arbeitsaufträge für eine ganze Woche mit Abgabezeitpunkt Freitag definiert werden, sondern idealerweise ein tägliches Ziel, das erreicht werden muss.
  • Alternativ können mit dem Mitarbeiter auch Ziele besprochen werden, die erreicht werden müssen. Der Mitarbeiter kann sich hier seinen Weg selbst wählen. In gemeinsamer Abstimmung werden dann auch Zeitfenster für Zwischenberichte bestimmt.

Ist sich ein Mitarbeitender seiner Schwäche bewusst, wird er oder sie diese Regelungen als Hilfestellung empfinden.

Anders ist es bei der dritten Gruppe. Hier werden derartige Regelungen ggf. als Gängelung oder unangebrachte Kontrolle empfunden. Daher ist es hier wichtig, beim Mitarbeitenden erstmal das Selbstbild bzgl. Home Office-Eignung zu justieren.

Der Schlüssel zum Erfolg ist hierbei das gemeinsame Auftaktgespräch. Da jeder Mitarbeiter unterschiedliche Arbeitsgeschwindigkeiten hat, ist die reine Fixierung auf die Ableistung der Wochenarbeitszeit wenig sinnvoll. Unterschiedliche Arbeitstempi gilt es zwingend zu berücksichtigen. Geben Führungskräfte ihren Mitarbeitern dann auch noch den Weg vor, nehmen sie ihnen alle Verantwortung und Mündigkeit. Dass der Mitarbeiter alles daran setzen wird, seinem Vorgesetzten zu beweisen, dass der ihm vorgegebene Weg nicht funktioniert, ist häufig die logische Konsequenz. Mitarbeiter wollen gefragt werden. Sie wollen sich beteiligen und ein Mitspracherecht haben. Warum fragen wir sie dann also nicht einfach? Folgende Fragestellungen können wichtige Anhaltspunkte zum Arbeiten im Home Office sein:

  • Was genau verstehen Sie unter Home Office?
  • Wie stellen Sie sich die Einteilung der Arbeitszeit vor?
  • Zu welchen Zeiten sind Sie verbindlich immer zu erreichen?
  • Welche Zeitfenster zur Abstimmung der Aufgaben halten Sie für sinnvoll?
  • Was wünschen Sie sich von mir als Ihre Führungskraft?
  • Welche Fragen ergeben sich für Sie aus der Home Office Option?

Diese Fragen können Sie beliebig erweitern und auf Ihre Themenbereiche adaptieren. Wichtig hierbei ist, dass Sie stets mit offenen Fragen (sogenannten W-Fragen) arbeiten. Aktives Zuhören schließt anschließend letzte Verständnislücken. Die größte Herausforderung liegt hierbei in den Händen der Führungskräfte. Denn sie dürfen hier zunächst sehr viel zuhören. Häufig werden Sie erstaunt sein, welche Lösungen Ihnen Ihre Mitarbeiter von sich aus schon anbieten werden, wenn sie gefragt werden.

Wichtig ist, dass alle Mitarbeitenden, die ein Home Office haben wollen (und bei denen es auch von den anderen Rahmenbedingungen her möglich ist), einen Vertrauensvorschuss erhalten und somit die Möglichkeit zum Home Office erhalten. Gleichzeitig ist es aber ebenso wichtig, in einer Regelung zu vereinbaren, dass die Home Office-Möglichkeit bei offensichtlicher Nichteignung oder bei Missbrauch wieder entzogen werden kann. Mögliche Indikatoren für eine Nichteignung könnten sein:

  • Wiederholte Nicht-Erreichbarkeit bzw. keine Rückmeldung im vereinbarten Zeitraum
  • Vereinbarte Arbeitsergebnisse werden nicht oder nicht zum vereinbarten Zeitpunkt geliefert
  • Arbeitszeitgesetze werden nicht eingehalten
  • Die Abstimmung unter den Mitarbeitern funktioniert nicht mehr und andere Kollegen werden in ihrer Arbeitsleistung durch beispielsweise fehlende Zuarbeit behindert

Die Möglichkeit, einem Mitarbeitenden das Home Office wieder zu entziehen ist extrem wichtig, um situativ führen zu können. Gibt es diese Möglichkeit nicht, besteht die Gefahr, dass eine komplette Home-Office-Regelung für alle wieder rückgängig gemacht wird, nur weil sich ein paar nicht an die Regeln halten. D.h. viele Mitarbeiter müssen für das Fehlverhalten einiger weniger büßen (und ja, das haben wir schon erlebt).

Fazit:

Grundsätzlich sollen alle Mitarbeitenden mit Home-Office-tauglichen Rahmenbedingungen auch Home Office machen dürfen. Man darf sich aber bewusst sein, dass nicht jeder Mitarbeitende dafür befähigt ist. Diese Mitarbeitenden gehören durch geeignete Maßnahmen unterstützt, um die vereinbarten Ergebnisse erarbeiten zu können. Klappt dies nachhaltig nicht, sollte es die Möglichkeit geben, ein Home-Office auch wieder entziehen zu können. Ein Fußballspiel ohne Spielregeln ist schon von Beginn an zum Scheitern verurteilt. Machen Sie sich das zunutze und vereinbaren Sie von vornherein festgelegte Spielregeln, Ihren Rahmen, für das Home Office. Hierauf können sich anschließend alle Beteiligten immer wieder berufen.

Autoren:

Guido Zander, Arbeitszeitexperte und Geschäftsführender Gesellschafter der SSZ Beratung (www.ssz-beratung.de)

Jennifer Roch, Coach, Inhaberin Roch Coaching & Training (www.roch-coaching.de)

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